Entwicklung eines Blut-Absaugsystems zur Nutzung von Eigenblut bei Operationen

Links: durch klassisches, forciertes Absaugen teilweise zerstörte rote Blutkörperchen führen zu einer Rotfärbung des Blutplasmas. Rechts: deutlich reduzierte Blutschädigung durch Absaugen mit akustischer Rückkopplung, Quelle: Dr. Martin FriedrichGöttingen, 7.5.2021

Bei dem Absaugen von Blut während einer Operation wird ein erheblicher Teil der Zellen im Blut geschädigt, daher ist es nicht erlaubt, abgesaugtes OP-Blut unaufbereitet in den menschlichen Körper zurückzuführen. Da Fremdbluttransfusionen immunologisch zunehmend kritisch gesehen werden, Blutspenden weltweit zurückgehen und dabei erhebliche Kosten generieren, bekommt die Retransfusion patienteneigenen Blutes zunehmend Bedeutung.

Mit einer neuen Erfindung aus der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) kann die Qualität des abgesaugten Blutes deutlich verbessert werden. Die Patentverwertungsagentur MBM ScienceBridge hat einen Lizenzvertrag mit der ATMOS MedizinTechnik GmbH & Co. KG vermittelt, die die neue Technologie in ein blutschonendes Absaugsystem integrieren möchte.

Um den klinischen und wirtschaftlichen Problemen bei der Transfusion mit Fremdblut entgegenzuwirken, wurde international ein umfassendes „Patient-Blood-Management“ eingeführt. Dazu gehören neben Methoden in der Vorbereitung des Patienten und einem blutungsvermeidenden Operationsstil auch die Retransfusion von patienteneigenem, während der Operation abgesaugten Blut. Die Qualität des während einer Operation abgesaugten Blutes hängt neben der Güte der sich anschließenden Aufbereitungsverfahren maßgeblich von einem möglichst schonenden Absaugverfahren ab.
Die Universitätsmedizin Göttingen entwickelt in Kooperation mit der ATMOS Medizin Technik GmbH & Co. KG ein schonendes Blut-Absaugsystem, das auf einer akustischen Rückkopplung basiert. Dies ist möglich, weil Turbulenzen beim Absaugen je nach Frequenz und Intensität Schwingungen und damit Geräusche verursachen. Diese sind insbesondere bei schlürfendem Absaugen gut zu hören und korrelieren mit den Scherkräften, die auf die Blutzellen wirken. Blutzellen werden dadurch fehlaktiviert bzw. zerstört.Eine Retransfusion solches in seiner Integration geschädigten Blutes kann zu systemischen Ent-zündungsreaktionen, Störungen der Blutgerinnung und Organschädigungen führen. Durch Anpassung der Saugleistung in Echtzeit lassen sich Turbulenzen verhindern, die beim „Schlürfen“ des Saugers entstehen. Die Qualität des abgesaugten Blutes kann so deutlich verbessert werden. Das System soll eine umfassendere Nutzung des Eigenblutes ermöglichen und so die benötigte Menge von Fremdblutpräparaten reduzieren.
Der Erfinder dieser Technologie, Priv.-Doz. Dr. med. Martin Friedrich, Oberarzt und Leiter der Forschung und Entwicklung der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (Direktor Prof. Dr. med. Ingo Kutschka) der UMG, hat nun im Rahmen seiner Forschungen die Geometrie der Sauger strömungsoptimiert und seine innovative Methode zur Abführung des Blutes im Sauger fortentwickelt. Aktuell ist es nach den Regularien des Transfusionsgesetzes nicht erlaubt, abgesaugtes OP-Blut unaufbereitet zurückzuführen. Bei den aktuellen Aufbereitungsverfahren werden jedoch das Plasma und ein Großteil der weißen Blutkörperchen sowie die für die Gerinnung unbedingt notwendigen Blutplättchen verfahrensbedingt entfernt, so dass auch wertvolle Blutbestandteile verloren gehen und ggf. mit Fremdblut-Präparaten ersetzt werden müssen.
„Ein Ziel unserer Forschungsgruppe in der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie (Direktor Prof. Dr. med. Ingo Kutschka) ist es, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem Patientenblut direkt, ohne maschinelle Aufbereitung zurückgegeben werden könnte. Das wäre ein großer Schritt, umfangreiche Operationen, in denen es mitunter zu erheblichen Blutverlusten kommt, für unsere Patienten sicherer zu machen“, erklärt Dr. Martin Friedrich. „Ein positiver und nicht zu unterschätzender Nebeneffekt des Gesamtsystems ist, dass das Absaugen signifikant leiser wird. So entsteht ein ruhigeres Arbeitsumfeld, das sich wiederum positiv auf die Performance des OP-Teams auswirkt“, so Friedrich.
Die ATMOS Medizin Technik GmbH & Co. KG evaluiert nun die neue Technologie mit dem Ziel, diese in das blutschonende Absaugsystem zu integrieren. Die Universitätsmedizin Göttingen erhält von ATMOS auf Grundlage des von der MBM ScienceBridge verhandelten Lizenzvertrages einmalige Zahlungen sowie jährliche, umsatzabhängige Zahlungen, die den Wissenschaftlern und der Forschung an der UMG zugutekommen.


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Die ATMOS MedizinTechnik GmbH & Co. KG ist ein weltweit agierender Medizintechnikhersteller aus Süddeutschland. Innerhalb der Medizintechnik hat sich ATMOS auf den Bereich der Elektromedizintechnik konzentriert, im Bereich Absaugen gehört ATMOS zur Weltspitze. Entwickelt nach der Maxime „sicher und zuverlässig“ bietet ATMOS Lösungen in mehreren Preis- und Leistungsklassen an. Damit leistet ATMOS einen Beitrag, damit Ärzte und Kliniken auf der ganzen Welt auch in Zukunft ihre Patienten gut versorgen können.

Kontakt:
MBM ScienceBridge GmbH
Dr. Martin Andresen
Telefon (0551) 30724 150
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