Vibrationsarmer Probenhalter für kryofluoreszenzmikroskopische Anwendungen

Im Folgenden wird ein Probenhalter zur Verwendung in Kryofluoreszenzmikroskopen bzw. zum einfachen und kostengünstigen Umbau von Normaltemperaturfluoreszenzmikroskopen in Kryofluoreszenzmikroskope vorgestellt. Es hat sich gezeigt, dass eine eindeutige Korrelation zwischen Temperatur und Photonenausbeute einerseits sowie Photonenausbeute und Ortsbestimmung andererseits besteht. Bisherige Probleme der Tieftemperaturmikroskopie wie thermische oder mechanische Instabilität werden durch den Aufbau des Probenhalters gelöst. Ein besonderes Merkmal des Aufbaus ist zudem die Möglichkeit, einen Probenwechsel unterhalb der Glasübergangstemperatur von Wasser durchzuführen. Das macht es möglich eine vitrifizierte Probe nacheinander mit verschiedenen Verfahren zu untersuchen, ohne dass diese durch die Bildung von Eiskristallen zerstört wird.

Problemstellung

Die superauflösende Fluoreszenzmikroskopie ist ein unverzichtbares und stetig an Bedeutung gewinnendes Werkzeug bei der Untersuchung von biologischen Strukturen, wie auch der Chemienobelpreis 2014 eindrucksvoll bestätigt hat. Bei diesem Verfahren werden z.B. Zellen mit fluoreszierenden Molekülen eingefärbt und diese dann durch Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge zum Leuchten angeregt. Je kälter die untersuchte Probe ist, desto länger bleiben die Fluoreszenzmoleküle aktiv und lassen sich damit immer genauer lokalisieren. Die Kontrolle von thermischen Drifts und mechanischen Schwingungen, die beide durch die Kühlung verursacht werden, ist dabei unumgänglich.

Unsere Lösung

Bild des Probenhalters (inklusive Kryostat und Vakuumkammer) auf seiner Plattform. Am linken Bildrand erkennt man den Strahlengang des Mikroskops. Der Wellschlauch und die Stickstoffzuführung werden für die Messung entfernt. Die drei Einzelbilder zeigen den unteren Flansch der Apparatur. Im Einzelnen sind das von oben nach unten: das Einsetzen der Probe in die Halterung, die fertig montierte Probe und die verschlossene Vakuumkammer. (Quelle: Li)

Ein völlig neu konzipierter Probenhalter mit integrierter Kühlung und Schwingungsdämpfung erlaubt es, jedes Normaltemperaturfluoreszenzmikroskop in ein Kryofluoreszenzmikroskop aufzurüsten. Dabei kann mit dem Aufbau zum einen eine Lokalisationsgenauigkeit von unter einem Nanometer erreicht werden, was bereits unterhalb der Größe der verwendeten Fluoreszenzmoleküle liegt. Zum anderen kann zur Kühlung kostengünstiger Stickstoff verwendet werden. Im Vergleich zu kommerziell erhältlichen Systemen konnte die Zeitspanne zum Abkühlen der Probe auf wenige Minuten reduziert werden. Hauptmerkmal des Systems ist jedoch, dass ein Probenwechsel bei Temperaturen unterhalb der Glasübergangstemperatur von Wasser durchgeführt werden kann. Dadurch wird die Bildung von kristallinem Eis in der Probe verhindert und es werden korrelative Messungen mit mehreren Verfahren (Fluoreszenzmikroskopie, Elektronenmikroskopie, X-Ray, ...) überhaupt erst möglich.

Vorteile

  • Lokalisationsgenauigkeit von unter einem Nanometer
  • Probenwechsel unterhalb der Glasübergangstemperatur von Wasser möglich
  • Messungen bei 89K (bei Verwendung von flüssigem Stickstoff)
  • Steigerung der Photonenausbeute pro Molekül um zwei Größenordnungen im Vergleich zu Raumtemperatur
  • Erhöhung der Photostabilität gegenüber Messungen bei Raumtemperatur
  • Kurze Kühlzeiten (293K --> 89K) im Bereich weniger Minuten
  • Portabler, stromloser Betrieb
  • Kostengünstig durch die Verwendung von Stickstoff als Kältemittel

Entwicklungsstand

(a) Photobleichung der Fluoreszenzmoleküle bei Raumtemperatur (rot) und bei 89K (blau). Während bei Raumtemperatur die Hälfte aller Moleküle nach bereits 20 Sekunden zerstört ist, dauert dies bei 89K insgesamt 7600 Sekunden. (b) Emittierte Photonen pro Fluoreszenzmolekül bei Raumtemperatur. (c) Detektierte Photonen pro Fluoreszenzmolekül bei 89K. (d) Gemessene Position eines Fluoreszenzmoleküls nach Korrektur des Drifts. (e) Histogramm der Messwerte. (f) Gaußfit an die Messwerte (Quelle: Li)

Die Funktion aller Komponenten ist getestet und hinsichtlich Effektivität weiter verbessert worden. Der Probenhalter wurde zudem bereits komplett aufgebaut und befindet sich mittlerweile im alltäglichen Gebrauch der Arbeitsgruppe, wobei die erhaltenen Ergebnisse im Einklang mit ebenfalls durchgeführten Simulationen stehen. Neben dem Probenhalter an sich existiert Peripherie in Form von speziell angepassten Halterungen, Stativen, Gehäusen zum Probenwechsel, etc. . Auch die genauen Prozessabläufe für Messungen und deren Vorbereitung sind etabliert.

Anwendungsbereiche

Interessant ist der Probenhalter für alle bekannten Mikroskopieverfahren, besonders aber für die Fluoreszenzmikroskopie und super-auflösenden Mikroskopieverfahren, darunter vor allem für PALM (photoactivated localization microscopy) und STORM (stochastic optical reconstruction microscopy).

Patentsituation

Europäische Patentanmeldung: EP3054338 (A1)

Patentinhaber: Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts
 

Weiterführende Informationen

Ultra-stable and versatile widefield cryo-fluorescence microscope for single-molecule localization with sub-nanometer accuracy
DOI:10.1364/OE.23.003770
Weixing Li, Simon C. Stein, Ingo Gregor, and Jörg Enderlein
Optics Express, Vol. 23, Issue 3, pp. 3770-3783 (2015)

Kontakt

Dr. Maria Kamper
Patentmanager Physik & Technik
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel.: +49 (0) 551 30 724 159
Referenz: MM-1784-SUG
www.sciencebridge.de

Tags: Laserphysik und Optik

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